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Zertifizierung für kinder- und jugendpsychiatrische Begutachtung
Forensische Fragestellungen entwickeln eine zunehmende Bedeutung für unser Fach der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Die für die Gutachtenbeauftragung relevanten juristischen Instanzen fordern zunehmend eine belegbare forensische Kompetenz mit nachvollziehbaren Qualitätskriterien von gutachtlich tätigen Kinder- und Jugendpsychiatern. Die drei kinder- und jugendpsychiatrischen Fachgesellschaften (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie / Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie / Bundesarbeitsgemeinschaft der leitenden Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie) haben von daher nach der Einführung der Schwerpunktsbezeichnung Forensische Psychiatrie für den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und nach der zunehmenden Standardisierung der Weiterbildung zum Rechtspsychologen ein entsprechendes forensisches Zertifikat für unser Fach konzipiert. Die inhaltliche Umsetzung und Zertifizierung erfolgt über die Weiterbildungskommission für kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik.
Das Zertifikat beruht auf erfolgreicher Absolvierung von drei Abschnitten - den Theorieseminaren, den regionalen Gutachtenforen sowie dem abschließenden Fachgespräch, zu dem zehn eigene Gutachten eingereicht werden.
1. Seminare zu den Grundlagen der Begutachtung
werden überregional organisiert durch die gemeinsam von den drei Fachverbänden getragenen Weiterbildungskommission für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
thematisch identische Theoriefortbildungen, die von zertifizierten Mitgliedern der Fachverbände veranstaltet werden, sind auch anerkennungsfähig, wenn die Veranstaltung vorher bei der Weiterbildungskommission eingereicht und akkreditiert worden ist (diesbezüglich sind bis zu 75% der Theoriestunden auch dezentral absolvierbar, d.h., dass für die Zertifizierung mindestens 25% der vorgeschriebenen 60 Theoriestunden über die zentralen Weiterbildungsveranstaltungen der Weiterbildungskommission absolviert werden müssen)
sind curricular aufgebaut, wobei alle Themen zu bearbeiten sind
umfassen insgesamt 60 Stunden
Inhaltliche Gliederung:
Strafrechtliche Verantwortlichkeit
1. Allgemeine Grundlagen (5 Stunden)
Grundsätze des Jugendstrafrechts
forensische Relevanz der psychiatrisch-psychologischen Diagnostik unter Bezug auf ICD-10
Schweregrad und tatrelevante Funktionsbeeinträchtigungen unter Bezug auf "psychopathologisches Referenzsystem" (Janzarik/Saß)
Differenzierung zwischen Einsichts- und Steuerungsfähigkeit
2. Spezielle Rechtsvorschriften (10 Stunden)
§ 3 JGG - strafrechtliche Reife/Verantwortlichkeit von Jugendlichen
§ 105 JGG - strafrechtliche Verantwortlichkeit Heranwachsender
§ 7 JGG - Maßregeln der Besserung und Sicherung
§ 17 JGG - schädliche Neigungen
§ 20/21 StGB - "biologische" Eingangsmerkmale, deliktbezogene Zuordnung (Einsichts- und Steuerungsfähigkeit)
§ 63 StGB - MRV bei krankhaften psychischen Störungen
§ 64 StGB - MRV bei Suchterkrankungen
3. Schwerpunkte der Delikte Jugendlicher (15 Stunden)
Diebstähle/Einbrüche/Sachbeschädigungen
Körperverletzungen
Straftaten in Verbindung mit Alkohol/Drogen
Sexualstraftaten
Brandstiftungen
Tötungsdelikte
Kfz-Delikte
Unterbringungsverfahren (5 Stunden)
1. Allgemeine Grundlagen
Kindesrecht
Kindeswohl
Kindeswille
2. Spezielle Rechtsvorschriften
zivilrechtliche Unterbringung nach § 1631 b BGB in Verbindung mit § 70 FGG
Entzug der elterlichen Sorge nach § 1666 BGB
öffentlich-rechtliche Unterbringung nach PsychKG
strafrechtliche Unterbringung
† § 71 JGG - vorläufige Anordnung zur Heimunterbringung
† § 81 StPO - Unterbringung zur Begutachtung
† § 126 a StPO - Unterbringung zur Begutachtung
sozialrechtliche Unterbringung - Inobhutnahme nach § 42/43 KJHG
Beteiligung am Hilfeplan gemäß § 36 KJHG
Sozialrechtliche Begutachtungen (5 Stunden)
Behinderung (Anhaltspunkte für ärztliche Begutachtung)
Pflegebedürftigkeit, Pflegestufen nach SGB IX
Frühförderung gemäß § 10; 2 KJHG/ § 43; 1 BSHG
Eingliederungshilfe gemäß § 35 a KJHG
Opferentschädigung nach OEG
Familienrechtliche Begutachtungen (5 Stunden)
Sorgerecht
Umgangsrecht
Betreuung
Begutachtung der Glaubhaftigkeit (10 Stunden)
Grundlagen der Aussagepsychologie
entwicklungsabhängige Gedächtnisleistungen/Suggestibilität
Befragungstechniken und Untersuchungsmethoden
Kriterien erlebnisbegründeter Aussagen ("Realkennzeichen")
Qualitätsanforderungen an Gutachten (BGH-Urteil vom 30.07.1999)
2. Foren für Begutachtung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie
regional organisiert, vorrangig durch die Kliniken, ggf. mit Unterstützung durch die Fachgesellschaften
konzipiert als Tagesveranstaltungen (etwa je 6 Stunden)
curricularerer Aufbau nach den Themenschwerpunkten:
Strafrecht
Unterbringung
Sozialrecht
Familienrecht
Glaubhaftigkeit
moderiert durch einen erfahrenen Gutachter (analog IFA- bzw. Balintarbeit: Es wird ein Gutachten in der Gruppe vorgestellt; die Gruppe kann unmittelbar Rückfragen stellen, diskutiert dann aber nur noch untereinander über die anstehende Problematik; derjenige, der das Gutachten vorgestellt hat, hört sich diese Diskussion an, muss sich aber nicht "rechtfertigen", kann allenfalls am Ende seine Schlussfolgerungen aus der Diskussion formulieren).
Zahl der Foren pro Jahr richtet sich nach dem regionalen Bedarf
Teilnehmerzahl sollte nicht über 16 Personen liegen, um arbeitsfähig zu bleiben
Teilnahmebescheinigung mit jeweiligem Themenschwerpunkt und Vermerk, ob eigenes Gutachten vorgestellt wurde
3. Voraussetzungen für die Erteilung des Zertifikates
Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie (mit der Qualifizierung für dieses Zertifikat kann schon während der Weiterbildungszeit begonnen werden)
Teilnahme am Theorieseminar (60 Stunden-Curriculum)
Teilnahme an mindestens 10 regionalen Gutachten-Foren (insgesamt mindestens 60 Stunden), dabei Vorstellung von mindestens 5 eigenen Gutachten aus unterschiedlichen Bereichen
Einreichen von 10 eigenständig verfassten Gutachten aus unterschiedlichen Bereichen an die Weiterbildungskommission
abschließendes Fachgespräch.
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